Regierungsviertel

Regierungsviertel

Es war nur eine ganz, ganz knappe Entscheidung, damals, kurz nach der Wende: Wird Berlin wieder Hauptstadt, wie vor dem Krieg, nach der Wiedervereinigung? Ost-Berlin war es ja schon, de facto, auch wenn es de jure nicht so sein durfte. West-Berlin gehörte noch nicht mal zur Bundesrepublik Deutschland, die Stimmen wurden nicht mitgezählt. Junge Männer flohen vor dem Wehrdienst in die Inselstadt. Wurden Bundestagspräsidenten im notdürftig wieder hergerichteten Reichstag gewählt, nur wenige Meter westwärts der Mauer stehend, gab es stets Protestnoten aus Ost-Berlin und Moskau. Und – konnte das gutgehen, eine Stadt wieder zur Hauptstadt zu machen, in der so viel Übles erdacht, geplant und zuletzt ausgeführt wurde? Noch heute zeugen Gedächtnisorte wie die Topographie des Terrors, das Holocaust Memorial, aber auch die Neue Wache davon. Konnte man ein neues, demokratisches Wesen – in seinen zentralen Funktionen wie Parlament, Regierung und Ministerien – in das Gewand des preußischen, manche sagen imperialistischen Wilhelmstraßen-Regierungssitzes einziehen lassen? Dort waren seit der Kaiserzeit Ministerien und die Reichskanzlei angesiedelt, von Hitler und seinem Lieblingsarchitekten Speer mit einer Neuen Reichskanzlei ins Überdimensionale überfrort. Diesen Versuch wagte man, beginnend mit dem Umzug des Bundestags in den Reichstag 1999, von Sir William Foster genial erneut durchlichtet und von einer gläsernen Kuppel überthront. Hier schaut nun der Bürger den gewählten Abgeordneten auf den Finger, und auch wir wagen den Blick vor und hinter die Kulissen auf unserer Tour durchs Regierungsviertel.

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